Verlässliche Stoffdaten – aus der Literatur oder selbst messen? Welche Literatur ist empfehlenswert? Was ist selbst bestimmbar?
Benötigen Sie Angaben zur thermischen Leitfähigkeit eines Materials oder des thermischen Kontaktwiderstandes einer Bauteilpaarung für Ihre Problemstellung? Womöglich sogar druck- bzw.. temperaturabhängig? Sie finden keine Literaturdaten dazu oder benötigen Daten für einen Werkstoff, der noch wenig untersucht ist?
Wir prüfen gern für Sie, ob wir die nötigen Messungen für Sie nach dem aktuellen Stand der Technik durchführen können!
Valide Simulationen benötigen verlässliche Stoffdaten als Eingangsgrößen. Für feste Werkstoffe werden in CFD Simulationen meist die spezifische (isobare) Wärmekapazität cp, die Massendichte ρ und die thermische Leitfähigkeit λ benötigt.
Fluide benötigen zusätzlich Angaben zur dynamischen oder kinematischen Viskosität η bzw. ν. Je nachdem, was das Ziel der Rechnerei ist, werden weitere Größen wie E-Modul / Schubmodul, Ausdehnungskoeffizienten sowie die Abhängigkeiten bestimmter Größen von Temperatur, Druck oder Scherrate benötigt.
Diese Stoffdaten sind alles echte Werkstoff- bzw. Stoffwerte, das heißt sie sind nur vom verwendeten Material bzw. Fluid abhängig. Sie sind in der Regel für die gängigen Werkstoffe gut beschrieben und können deshalb oft der Literatur oder bestehenden Datenbanken entnommen werden.
Für die meisten technisch relevanten Fluide und Kältemittel, Chemikalien oder Baumaterialien kann ich Ihnen als sinnvolle Literaturstelle den VDI Wärmeatlas [1] empfehlen. Hier werden empirisch bestimmte, temperaturabhängige Formeln verwendet um wichtige Stoffdaten über eine Gleichung anzunähern. Diese muss dann nicht erst händisch anhand von Literaturwerten selbst erstellt werden und ungenaue Interpolationen zwischen zwei bekannten Stützstellen entfallen auch.
Wer hier nicht fündig wird, sollte unbedingt das Tabellenwerk Landolt-Börnstein, das seit 2010 in SpringerMaterials [2] weiter geführt wird und erweitert wird, aufsuchen. Den kostenpflichtigen Zugang gibt es aber meist nur über eine gute Fachbibliothek oder eine Universität.
Daneben gibt es aber auch Einflussgrößen, die nur wenig mit dem verwendeten Werkstoff zu tun haben sondern vielmehr mit dem technischen Zustand eines Bauteils oder Fluids oder deren Herstellungshistorie. Die Oberflächenrauigkeit ist eine von vielen solcher Größen. Sie trägt in nicht unerheblichem Maße zum Wärmeübergang auf benachbarte Fluide bei.
Nicht nur mit der Oberflächenrauigkeit, sondern auch mit anderen technischen Einflussgrößen ändert sich beispielsweise der Widerstand, den zwei aneinander liegende Oberflächen der Wärmeleitung entgegen bringen. So ist beispielsweise bekannt, dass der thermische Kontaktwiderstand einer metallischen Kontaktfläche durchaus um drei Größenordnungen schwanken kann, je nach Anpressdruck und dem Medium, welches sich zwischen den Kontaktflächen befindet (vgl. [3] S.118).
Diese Tatsache sollte uns tatsächlich einigermaßen beunruhigen, denn sie bringt eine enorme Unsicherheit in jede Simulation, bei der verschiedene Körper in Kontakt miteinander stehen (müssen).
Die oft aufgrund fehlender Daten getroffene und etwas hemdsärmliche Annahme, die Oberflächen besäßen keinen nennenswerten thermischen Widerstand, ist keine Lösung, sondern führt auf eine t.T. deutlich zu hoch bestimmte thermische Übertragungsleistung. Selbst Lotverbindungen, also stoffschlüssige Verbindungen, haben immernoch einen nennenswerten Kontaktwiderstand und weisen in der Regel sogar einen höheren thermischen Kontaktwiderstand verglichen mit ihrem theoretisch berechneten Wert auf (vgl. [3] S.119), was auf Risse oder Poren zurück geführt werden kann.
Gerade weil aber thermische Kontaktwiderstände von Herstellungsparametern und sogar von der Bauteilhistorie abhängen können, sind sie in der Literatur kaum zu finden. Systematische Untersuchungen, die alle relevanten Parameterkombinationen beinhalten wären bei weitem zu aufwändig.
Woher also solche Daten nehmen, wenn nicht stehlen?
Nun, für diese Problemstellung gibt es natürlich auch Messverfahren.
Eines davon ist die Bestimmung der thermischen Leitfähigkeit, zum Beispiel nach der amerikanischen ASTM Norm (vgl. [4]).
Dabei werden Probenkörper identischen Materials und unterschiedlicher Dicke zwischen zwei Metallstempel unterschiedlicher Temperatur gebracht und mit einem definierten Anpressdruck beaufschlagt. Die stationär durch den Prüfaufbau fließende Wärmemenge erlaubt nun einen Rückschluss auf den thermischen Widerstand des Messaufbaus. Wiederholt man diesen für verschiedene Probendicken, kann daraus die thermische Leitfähigkeit eines Probenmaterials bestimmt werden. Dies ist natürlich auch temperaturabhängig und sogar für Flüssigkeiten möglich.
Verändert man den Messaufbau und die Auswerteroutine etwas, kann mit diesem Prüfschema sogar der thermische Kontaktwiderstand einer zuvor genau definierten Oberflächenpaarung bestimmt werden. Und das sowohl druck- als auch temperaturabhängig. Der Aufwand dafür ist geringer, als Sie vielleicht vermuten.
Es lohnt sich deshalb in jedem Fall gut zu prüfen, ob es nicht zweckmäßig ist, solche wichtigen Eingangsgrößen für Simulationen experimentell zu bestimmen.
Wenn Sie daran Interesse haben, schreiben Sie mir eine kurze Nachricht und wir können die weitere Vorgehensweise besprechen.
Quellen:
[1] VDI-Wärmeatlas, Springer Vieweg Verlag Berlin Heidelberg, 2019.
[2] Zugang über https://materials.springer.com/
[3] Theodore L. Bergman, Frank P. Incropera, David P. DeWitt, Adrienne S. Lavine; Fundamentals of Heat and Mass Transfer, John Wiley and Sons, Inc.; New York, 2011.
[4] ASTM D5470: Standard Test Method for Thermal Transmission Properties of thermally conductive electrical insulation materials.